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Hier können Sie bei Google die Löschung von Seiten beantragen:

www.google.com/support/webmasters/bin/answer.py?answer=35301&topic=8459

Moderne Online - Pranger im Internet

Man stelle sich einmal folgendes vor:

In einer Stadt findet sich über Nacht an jedem Laternemast eine verleumderische Behauptung über die Facharztpraxis Doktor X.

Der Inhalt der Behauptung würde sich sicherlich unaufhaltsam in der Stadt verbreiten, egal ob richtig oder falsch, wahr oder unwahr.

Doktor X würde sicherlich zum Hauptthema innerhalb der Kollegen, auch die Patienten würden sich Ihre Gedanken machen.

Wer hat den Anschlag auf Doktor X wohl verübt ? Wer betreibt hier Rufmord ?

Ein neidischer Kollege ? Ein unzufriedener Patient ? Ein Praxismitarbeiter ?

Natürlich würden diese plakatierten Zettel nicht lange an den Masten hängen bleiben, dafür würde schon die Stadtreinigung sorgen; aber trotzdem wäre der Rufschaden für Doktor X eingetreten und er müsste auch befürchten, dass die Aktion jederzeit wiederholt wird.

Dann aber vielleicht zusätzlich im Internet.

Wer den Ruf eines anderen zugrunde richten will, findet dazu im Netz mehr als genug Gelegenheit. Ob der Beschuldigte dabei wirklich schuldig ist, ist eine andere Frage.

Wer früher im Mittelalter stahl, betrog oder Ehebruch beging, wurde auf dem Marktplatz an den Pranger gestellt. Dort musste er dann für ein paar Stunden stehen und alle sahen, dass er ein Verbrecher war. Heutzutage gehen wir mit den Menschen, die gegen Gesetze und Regeln der Gesellschaft verstoßen, anders, vermeintlich humaner um. Sie bekommen in der Regel einen fairen Prozess und müssen dann eine Strafe zahlen oder auch mal ins Gefängnis.

Das sehen unsere Gesetze so vor, das nennt man Rechtsstaat.

Weil es aber einige Menschen gibt, denen dieses System augenscheinlich nicht effizient genug ist, haben Pranger nach wie vor Konjunktur – sei es in Form von Klatsch und Tratsch, oder in der modernen und zeitgenössischen Version als Webseite oder Internetforum.

Manche dieser Zeitgenossen machen sich einen Spaß daraus, im Internet Prangerseiten einzurichten und hier Veröffentlichungen in Form von Verleumdungen / Beleidigungen usw. einzutragen oder durch Dritte eintragen zu lassen.

Allerdings muss man auch feststellen, dass es auch in Deutschland amtliche Überlegungen gab und immer noch gibt, für bestimmte Fälle öffentlich einsehbare Auskunftsdateien einzurichten. So kann man heute ja auch bereits öffentlich einsehen, wer im Handelsregister eingetragen ist oder wer ein Insolvenzverfahren laufen hat.

Im Ausland, in USA wie auch in Großbritannien gibt es offizielle Prangerseiten, von Behörden eingerichtete Seiten, die wir nachfolgend kurz vorstellen wollen.

Galerie: Die modernen Prangerseiten im Internet

Viele dieser Pranger werden von den verschiedensten Behörden betrieben.

Der Freier-Pranger der Polizei von Chicago

Die Polizei von Chicago hat schon im Jahr 2005 die abschreckende Kraft der Bloßstellung im Netz für sich entdeckt. Um die illegale Prostitution in der Stadt einzudämmen, richtete sie einen neuen Online-Pranger für Freier ein. Wer seitdem bei einer Prostituierten erwischt und festgenommen wird, erscheint mit Foto, vollem Namen und Wohnanschrift auf der Seite des Chicago Police Department. Die Seite wird täglich aktualisiert, die Bilder bleiben dreißig Tage lang online.

Und Chicagos Bürgermeister Richard Daley droht: „Wenn Sie sich mit einer illegalen Prostituierten einlassen, werden Sie verhaftet und alle werden es erfahren: Ihre Frau, Ihre Kinder, die ganze Familie, Nachbarn und auch Ihr Chef." Ob die öffentliche Schande aber dabei wirklich dazu führt, dass die illegale Prostitution zurückgeht, ist fraglich.

Der Vergewaltiger-Pädophilen-Exibitionisten-Pranger des Justizministeriums der USA

Der wohl prominenteste Internet-Pranger steht auf der Seite des Justizministeriums der USA. Auf der „National Sex Offenders Public Website“ sind all diejenigen US-Bewohner in einer öffentlichen Datenbank erfasst, die wegen einer Sexualstraftat verurteilt wurden, das heißt in der Regel: Vergewaltigung oder aber Missbrauch Minderjähriger. Wer dort nach registrierten Tätern in seiner Stadt sucht, erhält eine Liste von Namen. Zu jedem Namen sieht er das Foto des Täters, seine aktuelle Adresse, Details zur Verurteilung und eine Liste der physischen Merkmale.

Das sei aber nicht als Strafe für die Verurteilten gedacht, sondern lediglich zum Schutz der Bevölkerung, beteuerte das Ministerium, nachdem die Datenbank 2005 online ging und ein großer Sturm der Entrüstung losbrach. Die Rückfallquote soll bei Sexualstraftätern besonders hoch sein, daher müssten Bürger sich und ihre Kinder gegen Übergriffe schützen können. Dass damit die Persönlichkeitsrechte der Täter massiv verletzt werden und auch reuige Täter nie wieder ein normales Leben führen können, wird in Kauf genommen.

Datenschutz: Das Justizministerium weist zwar darauf hin, dass es illegal sei, jemanden wegen seines Eintrags zu diskriminieren oder zu belästigen. Einem zukünftigen Personalchef oder jemanden, der sich zur Selbstjustiz berufen fühlt, dürfte das sicher allerdings herzlich egal sein. Manche unserer Politiker in Europa möchten das Modell trotzdem importieren.

Der Keinen-Unterhalt-Zahler-Pranger aus Großbritannien

„Wir kämpfen gegen Kinderarmut und stellen sicher, dass Eltern, die von ihren Kindern getrennt leben, auch finanziell zu ihrem Unterhalt beitragen.“ So steht es auf der Webseite der britischen Child Support Agency. Der britischen Agentur stehen dazu viele Mittel zur Verfügung: Lohnpfändung, Zwangsversteigerung, Entzug des Führerscheins, Gefängnis. Das ist auch gut so, denn keinen Unterhalt für sein Kind zu zahlen, ist eine große Sauerei. Nach einem neuen Gesetzesbeschluss darf die Agentur jetzt aber noch einen Schritt weiter gehen – und eine Liste der schwarzen Schafe auf ihrer Webseite veröffentlichen. Über hundert allein erziehende Eltern wurden bereits angeschrieben und gefragt, ob sie damit einverstanden sind, dass die Namen ihrer ehemaligen Partner veröffentlicht werden. Die Liste war dann im Sommer einen Monat lang online, wurde aber wieder aus dem Netz genommen. Nach zahlreichen erschienenen kritischen Artikeln sind der Agentur wohl selbst Zweifel gekommen, ob diese rabiate Methode sinnvoll ist.

Der Pranger für Exhibitionsten

Einer der wenigen wirklich sinnvollen Online-Pranger ist das amerikanische Weblog Hollaback NYC. „If you can’t slap’em, snap’em“ lautet der Schlachtruf von Hollaback, übersetzt in etwa: „Wenn du ihnen schon keine runterhauen kannst, schieß doch ein Foto von ihnen“. Gemeint sind die widerlichen Zeitgenossen, die sich in der U-Bahn entblößen, einen runterholen oder andere Menschen auf sonstige Weise sexuell belästigen. Sie werden dann mit dem Handy abgeschossen. Diese Schnappschüsse werden dann in das Blog hochgeladen und ausführlich kommentiert: Wer, wann, wo, was hat er gemacht?

Herkunft: Inspiriert wurde die Seite von der Geschichte der 15-jährigen New Yorkerin Thao Nguyen, die mit ihrem Handy einen Belästiger in der U-Bahn fotografierte und ihn damit überführte. Danach kamen New Yorkerinnen auf die Idee, das Weblog einzurichten. Wer dann hier einmal in der Hall of Shame landet, wird sich danach hoffentlich zwei Mal überlegen, ob er jungen Frauen im Park zweideutige Angebote macht. Die Bilder werden hauptsächlich, aber nicht nur von Frauen gemacht.

Der Lexikon-Pranger

Auch andere Webseiten, die gar nicht in erster Linie zum Anprangern gedacht sind, lassen sich prima zu diesem Zweck umnutzen.

So zum Beispiel die zahlreichen Wikis im Netz, wie z.B. die Online-Enzyklopädie Wikipedia. Besonders spektakulär ist hier zum Beispiel der Fall des ehemaligen Journalisten und Assistenten von Robert Kennedy John Seigenthaler. Der fühlte sich lange als unbescholtener Rentner, bis er eines Tages rein zufällig seinen Wikipedia-Eintrag fand. Unter anderem wurde dabei darin behauptet, Seigenthaler sei in die Mordanschläge auf John F. Kennedy und dessen Bruder Robert verwickelt gewesen. Außerdem habe er in der Vergangenheit zwischen 1971 und 1984 in der ehemaligen Sowjetunion gelebt.

Erst viele Monate nachdem Seigenthaler sich bei Wikipedia beschwerte, wurde der Artikel korrigiert. Herr Seigenthaler, der sich diesen Rufmord nicht bieten lassen wollte, machte den Vorfall dann im US-Massenblatt USA Today publik. Er deutete auch auf ein grosses Hauptproblem der Wikipedia hin: Keiner muss für die von ihm verfassten oder geänderten Einträge die Verantwortung übernehmen. Theoretisch wie praktisch kann dort jeder jeden anprangern (oder sogar verleumden), der ihm einmal im Strassenverkehr die Vorfahrt genommen hat.

Der Personen - Suchmaschinen-Pranger

Personen - Leute-Suchmaschinen sind gerade der letzte Schrei im Internet.

Die derzeit wohl international bekannteste unter ihnen ist Spock, in Deutschland gibt es Ableger wie z.B. Yasni.de. Diese Dienste durchsuchen alles im Internet, andere Suchmaschinen, soziale Netzwerke wie MySpace, Blogs, Zeitungsartikel, Videoportale und Fotoportale und bündeln die dort zu einer Person gefundenen Daten in einem einzigen Profil.

Für aufgeregte Blogeinträge und Medienberichte hat Spock in der Vergangenheit aber aus einem anderen Grund gesorgt:

Im Gegensatz zu allen anderen Webangeboten können dem Spock-Profil von allen teilnehmenden Internetnutzern Schlagworte und Bilder zugeordnet werden – egal, ob es der betroffenen Person dann passt oder nicht.

So ist das Personen - Profil des ehemaligen amerikanischen Präsidenten Bill Clinton zum Beispiel mit den Begriffen „Sex Scandal“ und „Amtsenthebungsverfahren“ verschlagwortet. Auch die bekannte Dame Britney Spears wird sich über den der Hinweis „Doesn’t always wear underwear“ sicher nicht freuen.

Sehr viel schlimmer kann es aber kommen, wenn das eigene Profil zusätzlich von anonymen Nutzern etwa mit den unpassenden Worten „Kinderschänder“ oder „Mörder“ oder kompromittierenden Bildern versehen wird. Wie genau und ob man solche unliebsamen Informationen wieder entfernen lassen kann, hat Spock noch nicht bekannt gegeben.

Wenn Sie diese modernen Pranger Methoden nun mit dem eingangs erwähnten Beispiel des Doktor X vergleichen so werden Sie feststellen, dass Doktor X (damals) noch gut weggekommen ist. Die Zettel wurden von den Masten entfernt.

Die Veröffentlichungen im Internet lassen sich kaum noch entfernen, sie jagen in Windeseile in sekundenschnelle um den Globus.

Sie werden kopiert, verlinkt, per mail oder RSS versendet, sie werden dann von den Spidern der Suchmaschinen gespidert und im elektronischen Gedächtnis gespeichert. Für immer und ewig !

Reinhard Göddemeyer